von Rudeln, Völkern und Familiensystemen
- Andrea
- 27. Jan. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Sept. 2020
Ich habe mich in den letzten Jahren viel mit Hunden, Bienen, der menschlichen Psyche, dem Unterbewusstsein, dem Enneagramm, systemischen Aufstellungen, Systemen an sich, morphischen Feldern, Intuition, Telepathie etc. beschäftigt und bei jedem Thema Parallelen zu allen anderen Themen gefunden. Es hängt alles mit allem zusammen in einem System, was Goethe schon erkannt hatte: "In der Natur geschieht nichts, was nicht in einer Verbindung mit dem Ganzen stehe.“ In jedem Bereich geht es darum, dass jeder den richtigen Platz im System haben muss, sonst entsteht Stress und daraus psychische und physische Krankheiten. Die Motivation für jedes menschliche Handeln ist die Zugehörigkeit zu einem System, natürlich auch bei Tieren.
Uns ist allen bekannt, dass sich verschiedene Tierarten in solidarischen Gruppen organisieren, Bienen und Ameisen in Völkern, Pferde und Rinder in Herden, Wölfe in Rudeln, Delfine in Schulen. Was das für das Zusammenleben bedeutet, ist mir erst vor nicht allzu langer Zeit klar geworden, dadurch dass ich leider nicht die Möglichkeit hatte, Tiere in Gruppen zu beobachten. In meiner Kindheit hatten wir immer nur einen Vertreter einer jeweiligen Spezies. Viele Vertreter von derselben Gattung hatte ich erstmals bei meinem Bienenvolk. Die Bienen haben mir kein flüssiges Gold, dafür umso wertvollere Erkenntnisse eingebracht. Ich erkannte, dass eine Biene kein autarkes Lebewesen ist, sondern nur als Volk existieren kann. Man vergleicht wohl automatisch mit sich selbst, die Biene kann atmen und fressen, hat also einen eigenen Stoffwechsel, sie empfindet dann wohl auch Schmerzen und hat eine eigene Persönlichkeit. Hier ist der Denkfehler. Wir dürfen natürlich nicht wieder dorthin zurück, dass Tiere egal welcher Gattung oder welchen Alters keine Schmerzen empfinden würden. Ich möchte an dieser Stelle auch kein Fass über Ferkelkastration öffnen, vielleicht nur eine interessante Tatsache in diesem Zusammenhang: Bis weit in die 80er hinein waren Wissenschaftler der Meinung, Säuglinge empfänden keinen Schmerz: https://www.zeit.de/1987/45/streit-um-babys-schmerz
Der Punkt ist, eine Biene hat keine Persönlichkeit, kein Ego, daher funktioniert eine Bienendemokratie ja auch so gut. Sie stechen zur Verteidigung, allerdings verteidigen sie nicht sich selbst, würde auch wenig Sinn machen, wenn sie daran sterben, sondern sie opfern ihr Leben für das Volk. Das hört sich jetzt nach Märtyrer und Selbstmordattentäter an und wie wir später sehen werden, hat es damit auch was zu tun, wie alles mit allem.
Die 9 Typen des Enneagramms beruhen auf unterschiedlichen Überlebensstrategien, die wir als Kind erlernt haben, dadurch dass wir durch ein bestimmtes Verhalten vermeintlich Anerkennung und Liebe von den Eltern erfahren haben. Jeder Typ versucht durch seine Strategie dazuzugehören. Manche versuchen durch Status Symbole und Erfolg gesehen zu werden und dazu zu gehören, jeder umgibt sich doch gerne mit schönen, erfolgreichen Menschen. Andere versuchen sich durch Wissen interessant zu machen oder durch Humor eine gern gesehene Gesellschaft zu sein.
Zurück zu den Bienen oder dem #Bien, wie man den Superorganismus nennt. Eine einzelne Biene ohne Königin und Volk ist nicht lebensfähig, daher hat sie auch kein Interesse ihr Leben zu retten, sondern nur das Überleben des Volkes ist bedeutend. Ein Hund ohne Rudel ist auch nicht lebensfähig und er hat auch kein Interesse, seinen eigenen Willen durchzusetzen und selbstständig zu entscheiden, auch wenn das manchmal bei unseren Haushunden so scheint. Ein Hund ist im Grunde genommen wie eine Biene, er möchte nur eine Königin. Wenn es diese gibt, ist er bereit alles für sie zu tun und sogar sein Leben zu opfern. Sofern es eine Bienenkönigin gibt, wird ihr Status und ihre Fähigkeiten von keiner anderen Biene in Frage gestellt. Das ist auch beim Leitwolf so. Unsere Haushunde tun sich da etwas schwerer, sie hätten uns so gerne als Königin oder Alphahund, sind allerdings sehr verunsichert, weil wir uns so anders verhalten als sie es von einem Leitwesen erwarten. Jeder Hund wünscht sich die Verantwortung über sein Leben an jemandem abgeben zu können, dem er zu 100% vertrauen kann. Das ist natürlich eine schwerwiegende Entscheidung, daher muss derjenige genau geprüft und auf die Probe gestellt werden. Das sind die Situationen, die wir bei unserem Haushund als ungehorsam oder trotzig empfinden. Hat der Hund seinen "König" oder seine "Königin" gefunden, gibt er jede Entscheidung ab, erscheint ihm eine Situation gefährlich, wirft er einen Blick auf den Chef und wenn dieser entspannt bleibt, bleibt er auch entspannt. Man kann sagen, dass das ein sehr komfortables Leben ist, denn man braucht keine Entscheidungen mehr treffen und letztendlich auch keine Furcht mehr zu haben, denn der Chef würde einen niemals in Gefahr bringen.
Ich bin noch nicht so weit, dass mein Hund die komplette Verantwortung an mich abgegeben hat, weil ich mich nicht als komplett zuverlässig erwiesen habe. Mit Zuverlässigkeit meine ich nicht, dass man regelmäßig füttert und rausgeht, sondern dass man Gefahren frühzeitig erkennt und sie abwendet und dass man konsequent dem Hund gegenüber ist und selbst alle Entscheidungen für den Hund trifft.
Unsere heutige Gesellschaft ist sehr individualistisch und jeder Mensch kann selbst entscheiden, ob er in einer Familie, Partnerschaft oder Gruppe leben möchte. Es gibt ja durchaus Einzelgänger, die gerne allein leben. Allerdings streben auch die zu einer Zugehörigkeit. In der Arbeit findet man diese Zugehörigkeit oftmals nicht mehr, da Menschen nur austauschbare Posten in einem großen, anonymen Betrieb sind. Viele finden in ihrer Freizeit eine Zugehörigkeit zu einem Verein oder einer Glaubensgruppe als sehr erfüllend. Man kann somit einigermaßen nachvollziehen, welche Macht manipulative Sekten auf Menschen ausüben können, dadurch dass sie das Gefühl vermitteln, Du gehörst zu uns und hast Deinen Platz im System gefunden.
Da in einem System alles miteinander verbunden ist, können wir auch zu spüren bekommen, wenn ein anderes Mitglied aus unserem (Familien-)System nicht am rechten Platz ist. In Familienaufstellungen zeigt sich oftmals, dass bereits verstorbene Familienmitglieder, über deren Existenz wir womöglich nichts wussten, Einfluss auf unser derzeitiges Leben haben. Diese Verstrickungen werden so erklärt, dass wir mit unserem Verhalten oder Krankheit unbewusst an dieses Familienmitglied erinnern wollen um es wieder ins System zurückzuholen. Nicht der Tod, sondern ein anderer Umstand zu Lebzeiten führte dazu, dass ihnen der Platz im System nicht gewährt wurde, wie es bei Straftätern oder unehelichen Vätern oft der Fall ist.
Unbewusst oder bewusst geht es immer um die Zugehörigkeit zu unserem System, Rudel oder Herde.

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