zu Frieden
- Andrea
- 2. Sept. 2020
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Sept. 2020
Ich habe mich in den letzten Monaten viel mit den Themen Zufriedenheit und Glück beschäftigt, habe viele Philosophen auf youtube gehört und einige Blogeinträge dazu gelesen um zu verstehen, wie man Zufriedenheit erlangen kann und was sie ausmacht. Dabei habe ich nie auf das Wort selbst geachtet: Zu-frieden-heit.
Das deutsche Wort beinhaltet schon die ganze Antwort: Um zufrieden zu sein, muss ich Frieden machen mit meiner Vergangenheit, meiner Herkunft, meinen Eltern, meinen Entscheidungen, meinen Schwächen, meinen Fehlern, eigentlich mit alles und jedem in meinem Umfeld. Es gibt Situationen und Umstände, mit denen kann man nicht seinen Frieden machen, wird der eine oder andere jetzt sagen. Ich sage man kann, sage allerdings nicht, dass es leicht ist. Seinen Frieden machen bedeutet nicht vergeben und verzeihen, denn vergeben geschieht nicht auf Augenhöhe. Beim Familienstellen ist es nicht möglich, dass ein Nachkomme seinen Vorfahren vergibt, da er sich sonst systemisch über sie stellen würde. Die heilende Wirkung entsteht dadurch, dass Schicksale akzeptiert und anerkannt werden. Akzeptieren und anerkennen bedeutet im Übrigen nicht gut heißen. Wir hadern oft mit den Fehlern unserer Eltern und in gravierenden Fällen scheint es unmöglich seinen Frieden damit zu machen. Das Ziel ist es, ohne Wut zu erkennen, dass die Eltern ihr Bestes gegeben haben, auch wenn es bei Weitem nicht gut war.
In manchen Konstellationen ist es auch durchaus heilsam keinen Kontakt zu Menschen aufrecht zu erhalten, vor allem, wenn es sich um toxische Menschen handelt. In jedem Fall ist es für das eigene Seelenheil entscheidend seinen Frieden mit diesen Menschen zu machen, das kann man auch ganz persönlich mit sich allein ausmachen ohne eine Aussprache mit den jeweiligen Personen. Das funktioniert auch so mit bereits Verstorbenen.
Beim Schreiben habe ich mich an eine Situation aus meiner Jugend erinnert. Ich war auf einer katholischen Schule und da gab´s zu jeder Gelegenheit einen Gottesdienst. Wie es der Teufel - oder Gott - so wollte, war ich eines Tages neben meinem verhassten Geschichtslehrer in der Kirchenbank. Es war wohl das einzige Mal, dass ich in der Kirche gebetet habe: Lieber Gott, bitte verschone mich dieses Mal mit "Friede sei mit Dir." Es kam immer ganz auf den Pfarrer an ob dieses Ritual Gegenstand des Gottesdienstes war, die meisten Pfarrer verzichteten inzwischen darauf. Ihr ahnt, was kommen musste und heute weiß ich auch, dass ich das Gebet falsch formuliert hatte, denn immer das tritt ein, auf was man seine Aufmerksamkeit richtet. So blieb mir letztendlich nichts anderes übrig, als meinem Lehrer die Hand zu reichen mit den Worten "Friede sei mit Dir!". Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, dem Schweinehund die Hand zu geben. Damals verstand ich nicht, was so eine erzwungene Geste soll, ich habe damals nicht meinen Frieden mit ihm gemacht. Das Beispiel zeigt, dass es nicht auf die Geste als solche ankommt, sondern auf die Geisteshaltung und die ehrliche innere Bereitschaft. Inzwischen habe ich ihm mental die Hand gereicht zuhause nicht in der Kirche.

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